Letzte Aktualisierung: 13. Dezember 2023

„Eine Präsentation halten vor mehreren Leuten?, völlig unmöglich, da sterbe ich ja vor Angst.“ So oder so ähnlich empfinden Menschen, die an sozialer Phobie leiden. Ob virtuelle Realitäten dabei helfen können Ängste abzubauen, testen derzeit Wissenschaftler aus Magdeburg. Bei manchen Menschen sind soziale Phobien so stark ausgeprägt, dass sie ihr Leben massiv beeinträchtigen. Aktivitäten, die für andere ganz normal sind, werden für Betroffene zur Mutprobe.

Soziale Phobie & Virtual Reality Brille
© Pixabay

Bei sozialen Phobien tritt die Angst häufig in Situationen auf, in denen sie beobachtet oder bewertet werden könnten – wie beim Reden oder Essen in der Öffentlichkeit. Sie kann aber auch in Situationen auftreten, in denen man Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen möchte oder muss, z.B. bei Unterhaltungen mit Fremden, bei der Partnersuche oder im Umgang mit Vorgesetzten.

 

 

 

Typische körperliche Symptome, über die Menschen mit sozialen Phobien klagen:

  • Herzrasen, Herzklopfen oder schneller unregelmäßiger Herzschlag
  • Schweißausbrüche
  • Fein- oder grobschlägiges Zittern
  • Mundtrockenheit
  • Atemnot, Kurzatmigkeit, Erstickungsgefühl
  • Enge- oder Beklemmungsgefühl im Hals oder in der Brust, Schluckbeschwerden
  • Schmerzen in der Brust, Angst vor Herzinfarkt
  • Hitzewallungen, Kälteschauern, Frösteln
  • Kribbeln der Haut, Taubheitsgefühle, Kribbeln an Fingern, Mund oder Lippen
  • Übelkeit oder Missempfindungen im Magenbereich (Unruhegefühl), Bauchschmerzen, Würgereiz

Psychische Symptome, die Betroffene schildern:

  • Gefühl von Schwindel, Unsicherheit, Schwäche oder Benommenheit, Gefühl in Ohnmacht zu fallen
  • Gefühl, die Objekte sind unwirklich (Derealisation) oder man selbst ist weit entfernt oder nicht wirklich hier (Depersonalisierung)
  • Angst vor Kontrollverlust, verrückt zu werden, auszuflippen
  • Angst zu sterben

Wer an sozialer Phobie erkrankt ist, versucht die angstauslösenden Situationen möglichst zu vermeiden und zieht sich folglich immer mehr zurück. Oder die Betroffenen halten solche Situationen unter starker Angst aus, wenn es kein Entrinnen gibt. Die private und berufliche Lebensqualität von Menschen mit sozialen Ängsten ist daher massiv beeinträchtigt.

Kognitive Verhaltenstherapien und auch Antidepressiva werden bei sozialen Phobien schon lange mit unterschiedlichem Erfolg eingesetzt. Nun untersuchen Forscher, ob den Patienten auch mittels virtueller Realtität geholfen werden kann.

Die Idee ist im Grunde ganz einfach:

Mit einer VR-Brille werden Betroffene in Situationen wie beispielsweise eine Präsentationssituation versetzt. Interaktive Szenarien, wie die Anzahl der virtuellen Teilnehmer im Auditorium oder ob ein Teilneher plötzlich den Raum verlässt, können entsprechend programmiert werden.

Dabei können körperliche Reaktionen wie Puls und Augenbewegungen in Echtzeit gemessen werden und so der Stresspegel ermittelt werden. Über diese Parameter kann objektiv ermittelt werden, ob die Behandlung anschlägt. In der üblichen Verhaltenstherapie ist das meist schwierig. Die Messung der Stressreaktion ist daher ein wichtiger Bestandteil des Konzepts.

Mein Fazit

Wie wirksam das auf virtueller Realität basierende Verfahren zur Behand­lung sozialer Phobien tatsächlich ist, werden die Forscher, die das Verfahren derzeit am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen entwickeln, demnächst untersuchen.

„Der Vorteil an dieser Technologie ist aus meiner Sicht ganz klar der, dass man die Betroffenen nicht mehr aufwändig den real angstauslösenden Situationen aussetzen muss. Dadurch, dass man diese mit Hilfe computergenerierter Umgebungen virtuell erzeugen und steuern kann, vereinfacht das therapeutische Setting erheblich“, urteilt unsere Ärztin Heidi Funk, die schon sehr viele Patienten mit unterschiedlichsten Angststörungen behandelt hat.

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