Letzte Aktualisierung: 13. Dezember 2023

Entwickelt von drei jungen Erfindern aus Düsseldorf, verspricht das neue Tool ichó Hilfe für Menschen mit Demenz.

Etwa 1,4 Millionen Menschen sind in Deutschland von Demenz betroffen. Hierbei handelt es sich um chronische Erkrankungen des Gehirns, die mit einem schleichenden Verfall kognitiver, emotionaler und sozialer Fähigkeiten in Verbindung steht. Für die Betroffenen selbst bedeutet das oft auch Rückzug aus dem sozialen Leben.

Eine neue Form der Unterstützung könnte der handballgroße Gummiball ichó bieten. Die Bezeichnung kommt von der gleichnamigen Person aus der griechischen Mythologie. Diese konnte auf Grund eines Fluches immer nur die gleichen Worte wiederholen und gilt somit als erste kognitiv beeinträchtigte Person.

Eine Kugel als Kommunikationsmittel

Von außen sieht die mit verschiedenartigen Furchen und Hebungen überzogene Kugel recht unscheinbar aus. Doch in ihr befindet sich ein Apparat, welcher es dem Gadget ermöglicht, zu vibrieren, in verschiedenen Farben zu leuchten und Töne abzuspielen.

Mit ichó sollen mehrere Sinne gleichzeitig angesprochen und verschiedene Gehirnareale beansprucht werden. Der mit Silikon umhüllte Ball besteht unter anderem aus Sensoren, die aufnehmen, ob dieser gestreichelt, gedrückt oder hochgeworfen wird. Darauf reagiert die Kugel etwa mit dem Abspielen von Musik und Geschichten, Vibration oder dem Ändern der Farbe. Zum Beispiel erzählt die Kugel das Märchen vom Froschprinzen, bei dem die Patienten aktiv mitmachen müssen, damit der nächste Abschnitt erzählt wird. Auf diese Weise sollen die kognitiven und motorischen Fähigkeiten der Demenzerkrankten stimuliert werden.

 

Verbindung schaffen

Ein weiteres Ziel ist das Zusammenführen von dementen Personen mit anderen Erkrankten aber auch mit Angehörigen und Pflegekräften. Man wolle mit dem Tool vermeiden, dass sich Betroffene zurückziehen, wenn die Kommunikation über Sprache immer schwieriger wird.

Ichó verbindet sich automatisch mit weiteren Geräten in der Umgebung. Es ermöglicht den Nutzern miteinander zu agieren, indem sie zum Beispiel gemeinsam ein Orchester bilden, bei dem jeder ein anderes Instrument spielt. Streicht der Patient über die Kugel kann sie als Geige genutzt werden, trommelt er auf ihr herum, klingt sie wie ein Schlagzeug. Somit schafft die Kugel einen gewissen Zugang zur Gefühls- und Gedankenwelt und ermöglicht eine individuelle Kommunikation „zu dementiell veränderten Menschen“.

Unendliche Möglichkeiten

Je nach Programmierung ruft eine bestimmte Interaktion mit ichó eine bestimmte Reaktion hervor. Dabei sind ausgewählte Programme bereits vorinstalliert, weitere lassen sich über die ichó-Plattform herunterladen. Dabei betonen die Entwickler auf ihrer Website, dass man kein Programmierer sein müsse, um die Plattform zu nutzen oder um eigene Programme zu erstellen. Nutzer können – sofern sie von ihrem Entwickler freigegeben werden – diese auch ganz einfach am Computer herunterladen.

Trotz diesen vielfältigen technischen Möglichkeiten ist es dem Team hinter ichó – drei Absolventen der Hochschule Düsseldorf – wichtig, dass es kein technisches Gimmick ohne wirklichen Nutzen ist, sondern reale Anwendung findet. Deshalb arbeiten sie auch eng mit Experten zusammen, die erfahren im Umgang mit kognitiv eingeschränkten Personen sind.

Viel Lob

Das ichó Konzept überzeugt schon jetzt und lässt sich unter anderem an einer Reihe von Auszeichnungen für das Projekt erkennen. So standen die Entwickler im Mai 2017 im Finale des Andersgründer Awards. Zwei Monate später stellten sie als einziges deutsches Startup Unternehmen sogar ihr Projekt im John F. Kennedy Center in Washington D.C. vor. Wenig später folgte dann die Nominierung für Ideas from Europe, bei dem die Entwickler Deutschland repräsentierten.

Fazit

Zurzeit wird die Kugel in unterschiedlichen Einrichtungen getestet. Ende 2018 sollen die ersten Modelle für Therapeuten, mobile Pflegedienste und andere Einrichtungen auf den Markt kommen. Planmäßig soll der Preis bei 32€ im Monat, also 384€ im Jahr, liegen. Dabei sind Support, Zugang zur ichó-Plattform und ein Ersatzgerät im Falle eines Defekts inklusive. Läuft alles nach Plan, könnte die Kugel also schon bald das Leben vieler Demenz Patienten und das ihrer Angehörigen erheblich verbessern.

Übrigens, ichó wurde zwar hauptsächlich als Tool bei Demenz entwickelt, lässt sich aber auch bei Erwachsenen und Kindern mit anderen kognitiven Erkrankungen oder Depressionen anwenden. Eine weitere große Chance sehen die Entwickler im Bereich der Rehabilitation.

 

Mehr zum Thema Demenz finden sich hier auf unserem Blog.

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