Kalmeda – erste komplette Tinnitus Therapie als mobile App
Letzte Aktualisierung: 13. Dezember 2023
Es sind ja bereits Tinnitus-Apps auf dem Markt, die allerdings nicht unumstritten sind. Daher waren wir neugierig, was das Start-up mynoise GmbH bei der Entwicklung von Kalmeda anders gemacht hat.
Über Tinnitus
Geräusche im Ohr sind das Hauptsymtom bei Tinnitus. Das Spektrum der Ohrgeräusche reicht dabei von einem einzelnen Ton bis hin zu Mischgeräuschen wie Rauschen, Surren, Brummen oder Knacken. Die Ohrgeräusche können sich in der Lautstärke verändern und sind auch nicht bei jedem ununterbrochen vorhanden. Manchmal kann es auch richtig still im Ohr werden.
Wie Menschen „ihren“ Tinnitus wahrnehmen, ist individuell sehr unterschiedlich: Die einen tolerieren ihn als ein harmloses, nicht weiter lästiges Ohrgeräusch. Für manche Menschen stellt die ungewollte Beschallung eine erhebliche Belastung dar. Dann sind auch weitere Beschwerden wie Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, Verspannungen und depressive Verstimmungen als Folge möglich.
Es handelt sich also um ein vielschichtiges Krankheitsbild. Daher ist auch die Behandlung des Tinnitus komplex. Es gibt auch nicht die eine Behandlung, weil auch die Bedürfnisse der Patienten im Umgang mit der Erkrankung sehr unterschiedlich sind. Daher ist die Therapie idealerweise immer eine ganz individuelle und fußt auch auf mehreren Säulen. Und genau da setzt die App Kalmeda an.
Was ist das Besondere an Kalmeda?
Im Gegensatz zu anderen Tinnitus-Apps bietet Kalmeda erstmals eine komplette, individuelle Tinnitus-Therapie entsprechend der wissenschafltichen Leitlinien mit dem Schwerpunkt auf einer strukturierten, kognitiven Verhaltenstherapie nach dem Zürcher Ressourcenmodell und der Akzeptanz- und Commitment-Therapie. Diese wird kombiniert mit einer seriösen medizinischen Wissensvermittlung, Naturgeräuschen zur Ablenkung und Entspannungsanleitungen.
Die Idee zu Kalmeda stammt von Dr. Uso Walter, HNO-Arzt in Duisburg, der die App gemeinsam mit Psychologen in den letzten 3 Jahren entwickelt hat.
Kalmeda ist auch schon als Medizinprodukt zugelassen und befindet sich aktuell in der Zertifizierung durch die Stiftung Gesundheit. Zudem erfüllt die App auch die höchsten Ansprüche an den Datenschutz.
„Patienten mit chronischem Tinnitus sind in Deutschland immer noch schlecht oder gar nicht versorgt. Die Kalmeda Tinnitus-App schließt diese Versorgungslücke, weshalb sich mit der BIGdirekt auch eine gesetzliche Krankenkasse an der Entwicklung beteiligt hat. Kalmeda ersetzt dabei nicht den Arzt, sondern ergänzt dessen Behandlung und fängt da an, wo dessen Behandlung endet.“, so Dr. Uso Walter.
Wie ist die Kalmeda Tinnitus App aufgebaut und was bietet sie?
Im kostenlosen Einführungsteil „Kalmeda Start“ erhalten die Patienten Informationen zur Tinnitus-Therapie, es wird eine Anamnese erhoben und man erhält Tipps für die Behandlung von Begleitbeschwerden wie Schlafstörungen, Hyperakusis (eine krankhafte akustische Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen), Kiefergelenksprobleme und Hörminderung.
Der kostenpflichtige Hauptteil „Kalmeda Go“ besteht dann aus einem strukturierten, mehrmonatigen Übungsprogramm, das sich in 5 Level mit je 9 Etappen gliedert. Die Schwerpunkte der Etappen sind:
Level1: Tinnitusbewältigung
Level2: Entspannung
Level3: Achtsamkeit
Level4: Akzeptanz
Level 5: Selbstwirksamkeit
Am Anfang erstellt die App anhand der Angaben des Nutzers einen persönlichen Therapieplan.
Im Laufe der Zeit lernen Patienten, mehr Entspannung in ihren Alltag zu integrierten. Und sie üben sich in Achtsamkeit, um Schritt für Schritt negative und schädliche Einstellungen gegenüber dem Tinnitus zu erkennen und durch förderliche zu ersetzen. So kann man sich Hilfen, ja ein ganzes Helfernetzwerk aufbauen, das zur Erreichung der selbstgesetzten Ziele benötigt wird.
Was kostet die Therapie mit Kalmeda?
Im ersten Jahr kostet die Behandlung 38,99 Euro monatlich mit monatlicher Kündigungsfrist.
Nach einem Jahr und dem Durchlaufen des Übungsprogramms kann man die App als „Kalmeda Plus“ für 9,99 Euro vollumfänglich weiternutzen und jederzeit auf die Hilfen und Helfer zurückgreifen sowie die Entspannungsübungen und Meditationen, die Hintergrund-Sounds und die Wissensbibliothek nutzen.
Mein Fazit
Die App kombiniert erstmals vier therapeutische Ansätze zur Tinnitus-Behandlung: Wissensvermittlung, akustische Maßnahmen, Entspannungsmaßnahmen und Verhaltenstherapie. Da Patienten oft eine halbe Ewigkeit auf einen Termin beim Facharzt und vor allem auch auf einen Psychotherapieplatz warten müssen, kann die App die Kombination dieser Bausteine direkt und ohne Wartezeiten an den Patienten bringen. Wie effektiv die Therapie mittels der Kalmeda App wirklich ist, wird ihr Einsatz in der Praxis zeigen.
Update – 6. Oktober 2020: Kalmeda hat es als eine der ersten digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) durch das Prüfverfahren des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geschafft und ist für die Erstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung freigegeben. Ärzte können damit erstmals eine digitale Gesundheitsanwendung, nach entsprechender Diagnose, zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnen.
Bislang waren DiGAs weitgehend von der regulären Gesundheitsversorgung ausgeschlossen. Deutschland ist mit der Zulassung von Kalemda sowie Velibra (Anwendung gegen Angststörungen) damit das erste Land, in dem es Apps auf Rezept gibt. Dem BfArM zufolge befinden sich derzeit 21 weitere digitale Anwendungen in der Prüfung. aerzteblatt.de
Wer sich weiter mit dem Thema Tinnitus befassen möchte, bekommt bei der Deutschen Tinnitus-Liga e. V. (DTL) zahlreiche Informationen. Die DTL ist eine gemeinnützige Selbsthilfeorganisation gegen Tinnitus, Hörsturz und Morbus Menière. Auf der Website ist auch der Artikel „Smartphone-Apps und Tinnitus-Behandlung“ zu finden, der auf therapiebezogene Tinnitus-Apps eingeht. Kalmeda wurde darin aber noch nicht berücksichtigt, da die App ja erst diese Woche als Androidversion im Playstore von Google und in ca. 3 Wochen im Appstore von Apple erscheinen wird.