Letzte Aktualisierung: 13. Dezember 2023

Angst ist primär ein Schutzmechanismus, der uns daran hindert, gefährliche Dinge zu tun. Angststörungen hingegen schränken das Leben erheblich ein. Phobius ist das erste Zentrum zur Therapie von Phobien im deutschsprachigen Raum, das sich auf die Behandlung von Angststörungen mit virtueller Realität spezialisiert hat.

Phobien sind keine Lappalie

Ca. 29% aller Menschen leiden im Laufe ihres Lebens unter Angststörungen.[1]

Spezifische (isolierte) Phobien wie z. B. die Spinnenphobie sind im alltäglichen Leben eher weniger beeinträchtigend.

Panikstörungen und soziale Phobien hingegen belasten die Betroffenen erheblich und verlaufen zudem ohne Behandlung größtenteils chronisch. Besonders problematisch ist, dass alle Angststörungen langfristig, insbesondere aber die generalisierte Angststörung, die Panikstörung und die Agoraphobie unbehandelt mit gravierenden psychosozialen und medizinischen Folgerisiken einher gehen. Nach und nach engt sich durch Vermeidungsverhalten der Radius, in dem sich ein an sozialer Phobie leidender Mensch frei bewegen kann, mehr und mehr ein. So kann dann schon ein Essen mit Freunden zur Tortur werden und allein der Gedanke an ein Geschäftsessen mit Kunden oder dem Chef löst extreme physische und psychische Reaktionen aus. Zahlreiche Komorbiditäten wie Depressionen oder Suchterkrankungen können die Folge sein.

Aber trotz des erheblichen Leidensdrucks lassen sich viele Betroffene nicht behandeln. Stattdessen bauen sie sich mittels Vermeidungsstrategie ein neues Leben – mit teils erheblichen Einbußen – um die Angst herum.

Eine innovative Therapie, wie sie im deutschsprachigen Raum aktuell nur das Phobie-Zentrum Phobius in Wien anbietet, und bei der man seiner Angst mittels virtueller Realität (VR) buchstäblich ins Auge sehen kann, könnte in Zukunft vielleicht mehr Menschen den Zugang zu einer effektiven Behandlung von Phobien ermöglichen.

Interessant in diesem Zusammenhang ist die Arbeit von Garcia Palacios et al., die zeigen konnte, dass sich über 80% für die VR-Exposition entscheiden, wenn sie die Wahl haben, sich in VR oder in echt mit ihrer Angst zu konfrontieren. Die Autoren schlussfolgern, dass die Exposition mittels VR demnach die generelle Motivation der Angstpatienten erhöhen kann, sich in Therapie zu begeben.[2]

Wie funktioniert die Therapie von Phobien bei Phobius?

Das Therapiekonzept beruht auf der Expositionstherapie, die ursprünglich aus der Verhaltenstherapie kommt. Die Exposition „in vivo“, also die direkte Konfrontation mit den angstauslösenden Ursachen, ist die mit Abstand erfolgreichste Therapiemethode bei Ängsten. Das haben schon zahlreiche Studien bestätigt. Die VR-Therapie baut genau darauf auf. Nur, dass bei der VR die Konfrontation eben in einer virtuellen Umgebung stattfindet.

Vorteile beim VR-Einsatz in der Therapie von Phobien

Der große Vorteil daran ist, dass man mittels virtueller Realität angstauslösende Situationen zwar real erlebbar macht, sich die Patienten dabei aber dennoch sicher fühlen können, weil mit der virtuellen Realität eine sichere Umgebung geschaffen wird. Sie müssen sich also nicht in der Öffentlichkeit die Blöße geben, wenn sie sich gezielt ihrer Angst stellen.
Zudem ist das Schaffen realer Szenarien wie der gemeinsame Start in einem Flugzeug äußerst zeitaufwendig. Mit der Virtual Reality kann nahezu jede mögliche Umgebung simuliert werden.

Außerdem ist die virtuelle Realität individualisierbar, d. h. an den Bedarf des einzelnen Patienten anpassbar. So eine direkte, sichere Konfrontation ist im echten Leben kaum möglich, denn auch trotz guter Vorbereitung kann die Konfrontation immer anders verlaufen als geplant.

Foto der Phobius-Gründer
Die Gründer von Phobius: Johannes Lanzinger, Patricia Zaccarini und Christian Dingemann (v.l.n.r.) © Phobius OG

„Die VR-Exposition scheint der In-Vivo-Exposition sogar bei einigen Ängsten überlegen zu sein. Die gute Studienlage hat auch schon dazu geführt, dass die offiziellen S3-Leitlinien für die Behandlung von Angststörungen die VR Exposition empfehlen.“, erklärt mir der Psychologe Johannes Lanzinger von Phobius, dem Phobie-Zentrum in Wien.

Welche Phobien können behandelt werden?

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©Pixabay

Egal ob Höhenangst, Angst vor Spinnen, Hunde- oder Katzenphobie, Klaustrophobie, Angst vor Nadeln / Blut, Flugangst oder soziale Phobie, dem Einsatz der VR sind keine Grenzen gesetzt. Ob jede Phobie behandlungsbedürftig ist, sei jetzt mal dahingestellt.

Für jemanden, der einen „ganz normalen“ Bürojob hat und zugleich an Höhenagst leidet, ist die Angst vermutlich weniger gravierend als für einen Dachdecker. Der Büromensch muss sich – sofern er nicht in einem Hochhaus arbeitet – nicht zwingend in schwindelnde Höhen begeben. Und vermutlich schränkt es sein Leben auch nur geringfügig ein, wenn er niemals in einem Hochseilgarten war.

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Höhenangst beim Dachdecker ist existenziell ©Pixabay

Für den Dachdecker, um  bei diesem Beispiel zu bleiben, kann eine derartige Phobie allerdings unbehandelt massive Auswirkungen haben. Ihn bringt eine Vermeidungsstrategie nicht weiter, denn sein Job bringt es nun mal mit sich, dass er in großer Höhe arbeitet. Und so kann eine Phobie ganz schnell zu einem existenziellen Problem werden. Über weitere mögliche Folgen für die Gesundheit habe ich ja eingangs schon geschrieben.

Die Expositionstherapie mittels VR kann hier sehr hilfreich sein.

© Toast

Was kostet diese innovative Therapie mittels VR?

Das Erstgespräch ist kostenlos. Hier bekommt man auch schon die Möglichkeit sich mit der VR-Brille vertraut zu machen. Pro Sitzung (50 Minuten) bezahlt man dann 90€. Im Schnitt reichen laut Phobius offenbar 6-8 Sitzungen, in denen die allermeisten Phobien sehr gut behandelt werden können. Ein ebenfalls 50-minütiger Nachsorgetermin ist ebenfalls kostenlos.

Mein Fazit

Kürzlich habe ich schon einmal einen Beitrag über VR in der Therapie von Phobien geschrieben. Es wird offenbar viel dazu geforscht, aber Phobius ist das erste Zentrum im deutschsprachigen Raum, an dem diese innovative Therapie Patienten tatsächlich schon zur Verfügung steht. Daher sind wir schon sehr gespannt, wann es eine entsprechende Anlaufstelle in Deutschland geben wird. Herr Lanzinger hat uns dazu bereits verraten, dass gegen Ende 2018 / Anfang 2019 die Eröffnung eines Zentrums in Deutschland geplant ist. Wir werden wieder darüber berichten, wenn es soweit ist.

Patienten, die nicht so lange warten wollen, können sich aktuell aber auch schon in Wien behandeln lassen. Dafür werden Termine an 3-4 Tagen en bloc angeboten, was auch durchaus sinnvoll ist, da die Exposition so ohnehin am effektivsten ist.

[1] Kessler RC et al. Lifetime prevalence and age-of-onset distributions of DSM-IV disorders in the National Comorbidity Survey Replication. Arch Gen Psychiatry. 2005 Jun;62(6):593-602.

[2] Garcia-Palacios A et al. Redefining therapeutic success with virtual reality exposure therapy. Cyberpsychol Behav. 2001 Jun;4(3):341-8.

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