Letzte Aktualisierung: 13. Dezember 2023

Depressionen, Burnout und Essstörungen per Videochat behandeln? Eine Psychotherapie komplett im Online-Modus? Von Zuhause oder unterwegs. Die private Schön Klinik aus Prien am Chiemsee ist mit Ihrem Angebot MindDoc vor fast einem Jahr an den Start gegangen.

Es kann jeden treffen

Zeitnot, Stress, Entfremdung, Zukunftsängste: Zahlreiche Ursachen bringen die Seele aus dem Gleichgewicht. Nach Angaben der DGPPN* ist mehr als jeder Vierte in Deutschland im Laufe eines Jahres betroffen. Unterm Strich: 45 Milliarden Euro direkte Gesundheitskosten und 15 Prozent aller Arbeitsunfähigkeitstage pro Jahr.

Die Studie zur Gesundheit Erwachsener des Robert-Koch-Institut nennt als die drei häufigsten Störungsbilder Angststörungen, Depression und Störungen durch Alkohol- oder Medikamentenkonsum. Nahezu die Hälfte aller Betroffenen weist mehr als eine Erkrankung auf.

Psychische Erkrankungen haben Auswirkungen auf praktisch alle Lebensbereiche der Betroffenen und ihres Umfeldes. Sie sind stärker von Krankheiten, Sucht, Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit sowie Ausgrenzung und Selbstgefährdung betroffen.

Steigender Bedarf

Die Inanspruchnahme psychiatrischer und psychotherapeutischer Leistungen nimmt stetig zu. Laut DGPPN werden mehr als 90 % der Betroffenen ambulant behandelt. Die Angebotsstruktur der ambulanten Versorgung konnte jedoch dem steigenden Bedarf bisher nicht ausreichend gerecht werden. Wartezeiten bis zu sechs Monate sind keine Seltenheit. Dabei gibt es große regionale Unterschiede in der Versorgungsdichte. Ein Konzept wie das der Schön Klinik hat also durchaus seine Berechtigung.

Online-Therapie MindDoc

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©Schön Klinik, Prien

Nach eigenen Angaben kann die Schön Klinik auf 30 Jahre psychotherapeutische Erfahrung zurückblicken. Diese wird nun seit nahezu einem Jahr mit dem Online-Angebot kombiniert. Die Vorteile: kurze Wartezeiten, bequeme Durchführung von Zuhause, psychotherapeutische Begleitung und zusätzliche, Therapieunterstützende Online-Inhalte.

Mit der Anwendung können sich Patienten mit Depressionen, Essstörungen oder Burnout per Videochat und Textnachrichten von zu Hause aus behandeln lassen. Begleitend dazu bekommen sie verhaltenstherapeutische Übungen gestellt. Eine Sitzung dauert – wie beim niedergelassenen Therapeuten – 50 Minuten.

Nach Aussage der DGPPN ist das Risiko einer Fehleinschätzung vergleichbar mit dem bei einer Therapie von Angesicht zu Angesicht. Wichtig ist als Grundlage eine sorgfältige erste Diagnostik vor Ort.1

Kosten und Evaluation

Die Kosten entsprechen denen einer klassischen ambulanten Therapie. Die Online-Therapie ist allerdings noch keine Regelleistung der gesetzlichen Krankenkassen. Innovative Krankenkassen, die den Mehrwert erkannt haben, gibt es aber durchaus in Deutschland.

Wissenschaftlich evaluiert wird die MindDoc-Therapie durch die Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg sowie die Ludwig-Maximilians-Universität München. Wissenschaftliche Publikationen können auf der Webseite von MindDoc abgerufen werden.

Mein Fazit

Online-Therapien boomen seit Jahren. Dabei ist Online-Therapie sicher nicht für jeden geeignet. Bei dem ein oder anderen besteht durchaus die Notwendigkeit, einen ambulanten Therapeuten aufzusuchen oder sich in eine stationäre Behandlung zu begeben. Aus diesem Grund finde ich es gut, dass die Schön Klinik vor Therapiebeginn auf ein einmaliges persönliches Kennenlernen in einem ihrer bundesweiten Diagnostik-Standorte (Psychotherapeutische Praxen) besteht.

Die Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung (DPtV) sieht Angebote wie MindDoc oder Selfapy kritisch.1 Und sicher ist es Aufgabe der Politik, das Problem der Wartezeit zu lösen. Sie tut es aber nicht – oder vielleicht doch, aber einfach zu schwerfällig. Menschen schnell und unbürokratisch aus der Krise zu helfen, darum geht es am Ende. Und dafür sind Plattformen wie MindDoc auf jeden Fall besser als nichts zu haben.

P.S. Als Quelle habe ich u. a. das Dossier Psychische Erkrankungen in Deutschland: Schwerpunkt Versorgung der DGPPN genutzt. Eine sehr interessante Publikation die ich jedem tiefer interessierten Leser empfehle.

*Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde
1 Quelle: Ärztezeitung Online

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