Die Ernährungsapp als neue digitale Adipositas-Therapie?
Letzte Aktualisierung: 13. Dezember 2023
*Werbung – unbezahlt – wegen Namensnennung / Verlinkung*
Ernährungsapps gibt es wie Sand am Meer. Die einen sind sinnvoller, die anderen weniger. Die Studienlage ist dünn. Eine Ernährungsapp hat es jetzt aber in das DiGA* Verzeichnis des BfArm geschafft und ist damit als „App auf Rezept“ verordnungsfähig: zanadio.
Die Ernährungsapp zanadio unter die Lupe genommen
zanadio hat es als erste Ernährungsapp – vorläufig – in das DiGA Verzeichnis des BfArm geschafft. Dieals Medizinprodukt zugelassene App unterstützt bei der Behandlung von starkem Übergewicht und setzt die Wirkprinzipien der etablierten konservativen Adipositas-Therapie digital um. Das Programm ist auf 12 Monate ausgelegt und besteht aus den Bausteinen Ernährung, Bewegung, Verhalten.
Mit der Ernährungsapp zanadio lernen Betroffene neue, gesunde Gewohnheiten in ihren Alltag zu integrieren, damit ihr Gewicht zu reduzieren und – und das ist der entscheidende Punkt – es dauerhaft zu halten. Damit entspricht zanadio den Therapiezielen der „Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur Prävention und Therapie der Adipositas“ der deutschen Adipositas Gesellschaft (DAG).1
Definition von Übergewicht und Adipositas
Adipositas ist definiert als eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts. Berechnungsgrundlage für die Gewichtsklassifikation ist der Body Mass Index (BMI). Von Adipositas spricht man ab einem BMI von 30. Die Risikofaktoren reichen von familiärer Disposition, niedrigem Sozialstatus, Lebensstil, Stress bis hin zu endokrinen Erkrankungen. Adipositas kann auch eine Folge bestimmter einzunehmender Medikamente wie Antidepressiva sowie Neuroleptika sein.
Übergewicht und Adipositas hat in den OECD2 Ländern das Ausmaß einer Volkskrankheit angenommen.3 Allein in Deutschland sind rund zwei Drittel (67%) der Männer und die Hälfte (53%) der Frauen übergewichtig (BMI ≥ 25 kg/m2).4
Diagnose Code E66.0 – Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr
Die Ernährungsapp zanadio ist geeignet für Patienten*innen mit einem BMI von 30-40, die mindestens 18 Jahre alt sind und bei denen keine Kontraindikationen vorliegen (z.B. bariatrische Operation innerhalb der letzten 3 Jahre). Die Kosten sind voll erstattungsfähig. Als DiGA kann zanadio von Ärzten oder Psychotherapeuten verordnet werden. Die Ernährungsapp ist sowohl für iOS als auch Android Systeme in den jeweiligen Shops kostenfrei verfügbar.
Die App unterstützt die Anbindung weiterer Geräte zur Übertragung von Bewegungs- und Körpergewichtsdaten, wie zum Beispiel Fitbit, Garmin, Polar oder OmronConnect. Jedoch zeigten interne Tests des Herstellers aidhere hohe Messunterschiede, so dass der Hersteller vor Entscheidungen auf Basis dieser Daten warnt.
Mein Fazit
Die Ernährungsapp zanadio setzt auf eine langfristige Verhaltensänderung der Ernährungsgewohnheiten. Ziel ist es, mit neuen und gesunden Gewohnheiten langfristig und dauerhaft Gewicht zu reduzieren. Hier gibt es für mich keine Differenzierung zu langjährig etablierten Programmen wie Weight Watchers.
Am Ende des Tages muss jede*r selbst wissen, welche Erwartung sie*er an eine Ernährungsapp hat und welcher Weg (digital per App oder persönliche Beratung und Begleitung durch einen qualifizierten Ernährungsexperten) besser funktioniert. Es ist kein Geheimnis, dass die Applikationen zwar oft installiert werden, aber nicht aktiv über einen längeren Zeitraum genutzt. Inwieweit Ernährungsapps dem*der Anwender*in tatsächlich zu einer langfristigen Gewichtsreduktion verhelfen, untersuchen nur wenige Studien, die zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Da darf man nun auf die Daten von zanadio gespannt sein.
Der Kampf gegen die Pfunde – Pillen, Pflaster, Ernährungsapps. Alle versprechen den großen Erfolg. Eine wirkliche, erfolgreiche Ernährungsumstellung mit Gewichtsreduktion ist jedoch eine lange Reise, erfordert Durchhaltevermögen und ein wirkliches Ziel. Aber wie sagte Lao Tze so schön: Jede Reise beginnt mit einem ersten Schritt.
Über Pflaster hat meine Kollegin Julia übrigens bereits 2018 in ihrem Blogbeitrag „Adipositas einfach wegpflastern?“ hier auf HealthcareHeidi berichtet.
Update Oktober 2021: In einer randomisierten, klinischen Studie untersucht die Universität Leipzig in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut und aidhere die Wirksamkeit einer digital angeleiteten Adipositas-Therapie. Interessierte konnten sich bis 15.02.2021 für die Studie anmelden. Die Studie ist zunächst auf ein Jahr angelegt.6
* DiGA = Digitale GesundheitsAnwendung https://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/DVG/_node.html
1 Absatz 5.2, Therapieziele (S. 38) S3 Leitlinie
2 OECD = Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Eine internationale Organisation, deren Ziel eine bessere Politik für ein besseres Leben ist – eine Politik, die Wohlstand, Gerechtigkeit, Chancen und Lebensqualität für alle sichern soll.
3 https://www.oecd.org/berlin/presse/fettleibigkeit-und-uebergewicht-nehmen-in-oecd-laendern-weiter-zu-18052017.htm / https://www.oecd.org/health/obesity-update.htm