Letzte Aktualisierung: 13. Dezember 2023

Schlecht sitzende BHs kennt wohl jede Frau. Dass auch Ärzte Patientinnen wegen Beschwerden, die durch schlecht sitzende BHs verursacht werden, behandeln, ist weit weniger bekannt. Das so genannte Cup-Projekt nimmt sich diesem Thema an.

Hintergrund

In Deutschland wird die BH-Größe bekanntlich durch eine Zahl und einen Buchstaben gekennzeichnet, z.B. 75 B. Die Zahl gibt dabei die Unterbrustweite an, der Buchstabe die Cupgröße.
Die Cup-Größe basiert lediglich auf der Differenz zwischen dem gemessenen Brust- und Unterbrustumfang. Rein rechnerisch kommt so – trotz völlig unterschiedlicher Brustformen – oft dasselbe Körbchen raus.
Das tatsächliche Volumen der Brust bleibt dabei aber völlig unberücksichtigt (s. Abb.1). Folglich passen viele BHs schlichtweg nicht.

Tabelle mit BH-Größen
Abbildung 1: Prinzip der Mess- und Zuordnungsmethodik zur Bestimmung der Cup-Größe © Hohenstein Group

Nationale und internationale Studien beweisen, dass mehr als 50 Prozent der Frauen einen schlecht sitzenden BH tragen.

Diese Cup-Problematik ist aber keineswegs nur ein Thema für die Modebranche, sondern beschäftigt auch die Medizin:

Einerseits sehen sich Allgemeinmediziner, Orthopäden, Chiropraktiker und Osteopathen damit konfrontiert, weil sie Brust- und Körperschmerzen sowie Haltungsschäden aufgrund schlecht sitzender BHs behandeln müssen.

Andererseits ist das Thema auch in der Krebschirurgie und in der plastischen Chirurgie relevant, weil die Bestimmung des korrekten Brustvolumens bei Brust-OPs eine wesentliche Rolle spielt.

Hier sind also neue Cup-Größenkonzepte gefordert, die den realen anatomischen Gegebenheiten gerecht werden.
Vor diesem Hintergrund wurde das Projekt „Brustvolumenabhängige Cup-Bestimmung zur Optimierung der traditionellen Mess- und Größensystematik“ initiiert, das die Bekleidungsingenieurin Simone Morlock am Hohenstein Institut für Textilinnovation GmbH betreut.

Das Cup-Forschungsprojekt

Wie viel Volumen ist den einzelnen Cup-Größen zuzuordnen?
Abbildung 2: Wie viel Volumen ist den einzelnen Cup-Größen zuzuordnen? © Hohenstein Group

Ziel war es, eine neue Messmethodik zu entwickeln, die eine Brustvolumen-abhängige Cup-Bestimmung ermöglicht (s. Abb. 2).
Zentrale Fragestellungen der Forschungsarbeiten waren u. a. „Mit welchen anthropometrischen Verfahren ist das Cup-Volumen sicher und präzise zu bestimmen?“ und „Wie kann eine sichere Größenzuordnung zu den Cup-Größen unter Berücksichtigung des tatsächlichen Brustvolumens erfolgen?“

Das Hohensteiner Institut vermisst bereits seit 60 Jahren die deutsche Bevölkerung regelmäßig und entwickelt daraus Größentabellen für die Bekleidungsindustrie.
Für die letzte große Reihenuntersuchung vor 8 Jahren wurden 13.000 Frauen mit einem Laser von Kopf bis Fuß gescannt. Konkret ertastete dabei ein Laser die Körperformen, übertrug die Daten an einen Rechner und eine Software rechnete diese Daten schließlich in ein 3D-Modell um. Auf Basis der statistischen Auswertung von 1.659 Scandaten (Brustmaße und 3D-Formenanalyse) wurden im Projekt mittlere 3D-Modelle entwickelt, die das mittlere Brustvolumen visualisierten.

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick

  • 3D-basierte Methode zur Ableitung des Brustvolumens.
  • Größenbezogene Brustvolumenparameter als Entwicklungsgrundlage.
  • Aktualisierung der bestehenden Miedertabellen ergänzt um neue Maße und Volumen.
  • Lösungsansätze zur optimierten Mess- und Größensystematik der Cup-Größen.
  • Virtuelle 3D-Cup-Modelle zur Visualisierung der Cup-Größen.
  • Volumen-basierte Schnittentwicklung auf Basis von 3D-Scans.

Unser Fazit

Die gesundheitlichen Folgen schlecht sitzender BHs wie Hautreizungen, Schulter- und Rückenbeschwerden sowie Schulterverformungen durch einschneidende BH-Träger sind keine Lapalie. Davon können viele Frauen ein Lied singen. Daher finden wir das Projekt absolut wertvoll!
Außerdem profitieren von den Ergebnissen nicht nur die Hersteller von Damenoberbekleidung sondern natürlich auch Hersteller von Mieder- und Orthopädiewaren und nicht zuletzt auch die Hersteller von Brustprothesen.

Übrigens:
Der BH war schon einmal Thema auf unserem Blog und zwar hier.

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