Letzte Aktualisierung: 13. Dezember 2023

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Die motorischen Veränderungen bei der Parkinson-Krankheit wie das typische Händezittern (Tremor) und die Langsamkeit von Bewegungsabläufen (Bradykinese) sind unübersehbar. Betroffene Menschen leiden aber auch an nicht-motorischen Beschwerden wie Depression, Sprachstörungen, Ängsten und gestörtem Nachtschlaf, die weniger offensichtlich sind und daher häufig vernachlässigt werden. MedEngine widmet sich mit seiner Lösung Flytta auch dieser nicht-motorischen Symptomatik und will damit das Selbstmanagement bei Parkinson fördern.


Parkinson ist bis heute leider nicht heilbar. Um mit der Krankheit so gut wie möglich zu leben, ist es wichtig, sie ganzheitlich zu betrachten. Die isolierte Beobachtung der motorischen Symptome lässt nämlich wichtige Aspekte wie Ernährung, Stimmung, Bewegung oder Schlaf außer Acht. Diese haben einen beträchtlichen Einfluss auf die Lebensqualität. Und: Sie sind teilweise auch positiv beeinflussbar. Vorausgesetzt man berücksichtigt sie!

©2021 MedEngine GmbH

In der Realität ist es so, dass die Patienten*innen mit Parkinson nur im Schnitt zweimal pro Jahr Kontakt mit ihrem*ihrer Arzt*Ärztin haben. Während der Konsultation geht es primär darum, den neurologischen Status zu überprüfen und bei Bedarf die Medikation anzupassen. In der Kürze der Zeit ist es quasi unmöglich, dass sich der*die Behandler*innen ein vollständiges Bild von allen Facetten der Erkrankung machen. Aber was passiert in der langen Zeit zwischen den Arztbesuchen? Diese Lücke in der Patientenversorgung will das Start-up MedEngine mit Flytta schließen.

Hintergrund zu Flytta

Von Dr. Philipp Brunnbauer, dem Co-Founder & CEO von MedEngine erfahre ich im Interview, dass er sich bereits während seines Medical Engineering Studiums in London mit degenerativen neurologischen Erkrankungen beschäftigt hat. Sein erstes „Projekt“ widmete sich bereits einem Hauptproblem, mit dem Parkinson-Erkrankte zu kämpfen haben: dem Intentionstremor. Dabei handelt es sich um ein Zittern der Gliedmaßen bei einer zielgerichteten Bewegung. Er lässt sich am leichtesten an den Händen beim Ergreifen eines Gegenstandes beobachten. Das erschwert alltägliche Vorgänge wie z. B. das Trinken aus einer Tasse enorm. Als Lösung hat Dr. Brunnbauer mit seinen Studienkollegen eine Tasse entwickelt, die technisch so ausgestattet war, dass sie dem Zittern entgegenwirkte und so ein Verschütten des Tasseninhalts verhinderte.

Was bietet das Selbstmanagement bei Parkinson mit Flytta?

Flytta ist ein System, das aus zwei Komponenten besteht:

  1. Die Flytta Watch überwacht passiv die motorischen Symptome. Dabei handelt es sich um eine Armbanduhr im schlichten Bauhaus-Stil, in die Bewegungssensoren eingebaut sind. Sie erfassen die motorischen Symptome wie Tremor und Bradykinese kontinuierlich über den Tag hinweg. Diese Daten werden dann via Bluetooth über das Smartphone an das zugehörige Analysesystem gesendet. Und das alles ohne eine Smartwatch, deren Bedienung nicht zuletzt aufgrund der motorischen Einschränkungen für die Nutzer*innen problematisch wäre.
  2. Die Flytta App erfasst aktiv die nicht-motorischen Symptome und hilft mit einem Tagebuch bei der Verwaltung von Medikamentenplänen, Trainingsstunden und weiteren Aktivitäten des täglichen Lebens. Die App speichert rund um die Uhr Informationen über diese „unsichtbaren“ Symptome und kombiniert sie mit den motorischen Symptomen, die die Uhr aufzeichnet. So liefert das System ein vollständigeres Bild der Erkrankung.

Durch das Tragen der Uhr und das Erfassen von Informationen in der App sammeln die Nutzer*innen Informationen über viele Faktoren, die ihre Parkinson-Erkrankung beeinflussen. Die WebApp bietet zudem ein Dashboard, auf dem alle eingegebenen Informationen zu sehen sind. Dies hilft dabei, Trends und Muster von Verhaltensweisen zu erkennen, die den individuellen Zustand beeinflussen. Das ist eine wichtige Grundlage für das Selbstmanagement bei Parkinson. Aus diesen Informationen können auch Berichte erstellt werden, die man auf Wunsch mit seinem*seiner Arzt*Ärztin teilen kann.

Kann man Flytta schon nutzen?

Eine deutsche Version der App kann man sich schon jetzt im App Store sowie bei Google Play herunterladen. Derzeit befindet sich Flytta aber noch im Beta-Stadium. Der Launch des kompletten Produkts ist für Ende des Jahres 2021 geplant. Eine Zertifizierung als Medizinprodukt Klasse I hat Flytta bereits. Eine Zertifizierung der Klasse IIa oder IIb wird angestrebt. Auch die Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis wird von MedEngine angedacht, so dass die Kosten für die Lösung dann von den Krankenkassen übernommen werden könnten. Wer nicht das komplette System inklusive Uhr nutzen will, kann sich auch nur die App herunterladen und deren Funktionen als einfaches Parkinson-Manager-Tool kostenfrei nutzen.

Mein Fazit

Die Kontakte zum*zur Facharzt*Fachärztin sind eindeutig viel zu selten und zu kurz, um einer so komplexen Erkrankung wie dem Morbus Parkinson vollumfänglich gerecht zu werden. Hier besteht eine Versorgungslücke, die auch Systeme wie Flytta vermutlich nicht komplett schließen können. Aber Flytta ermöglicht eine lückenlose Dokumentation der Symtome zwischen den Arztbesuchen. Richtig interessant wird es, wenn Flytta die Zertifzierung als Medizinprodukt Klasse IIa oder IIb bekommt, denn dann könnten zusätzlich zum Monitoring auch individuelle Empfehlungen für ein effektiveres Selbstmanagement ausgesprochen werden. Wie Flytta dann tatsächlich das Leben von Patienten*innen erleichtern kann, werden Studien zeigen. Wir sind gespannt und bleiben dran.

Lese-Tipp: 

Über das ultra-spannendes Thema „Emotional und Audio Intelligence in der Früherkennung und Therapie von Parkinson Symptomen“ hat meine Kollegin Elke hier berichtet.

 

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